Zwei Ansätze zum Scannen von Negativen
Es gibt Filmliebhaber, die die Charakteristik ihres Filmes beim Scannen erhalten wollen. Diese Analog-Fotografen haben ihren Film ganz bewusst wegen seiner speziellen Eigenschaften ausgewählt. Dazu gehört auch oder gerade die Färbung des Films, die für einen bestimmten Look im Bild sorgt. Wer sich zum Beispiel für den Kodak Portra 400 entscheidet, um den derzeit sehr beliebten Pastell-Look zu erzeugen, will diesen natürlich auch bei der Bildbearbeitung erhalten.
Ein anderer Ansatz ist es, ein Bild zu erzeugen, das die Charakteristik des Films nicht mehr oder nicht mehr so intensiv zeigt. In diesem Fall geht es nicht darum, einen speziellen Film-Look zu erzeugen oder zu erhalten, sondern darum, das Bild so zu scannen, dass das Motiv so nahe am Original wie möglich ist.
Beide Ansätze haben Ihren ganz eigenen Charme und keiner der beiden Ansätze ist besser oder schlechter als der andere. Sie sind absolut gleichberechtigt und werden durch verschiedene Einstellungen in SilverFast unterstützt. Welchem Ansatz Sie folgen wollen, liegt damit ganz in Ihrer Hand.
Lesen Sie im Folgenden mehr zu Tonwertumwandlung, Orangemaske und typischen Werkzeugen beim Bearbeiten von Negativen, um Ihrem Ansatz näher zu kommen.
Tonwertumwandlung
Die Tonwertumwandlung, also im Grunde das Umwandeln des Negativs in ein Positiv, ist der erste und ein ganz entscheidender Schritt beim Scannen von Negativen. Das Negativ wird umgekehrt, d.h. die Lichter werden zu Schatten und die Schatten werden zu Lichtern. Als Ergebnis bekommen wir dann ein positiv Bild, das unser Motiv zeigt.
In der Orange-Maskierung liegen die Farbinformationen zu den drei Farbkanälen und deren Gradation in komprimierter Form vor, was sich als praktisch für die Entwicklung in der Dunkelkammer erwiesen hat. Bei der Umwandlung müssen diese Informationen richtig dekomprimiert werden, wenn man ein farbneutrales Bild erhalten will. Wenn die Orange-Maskierung bei der Umwandlung nicht oder fehlerhaft berücksichtigt wird, erhält man ein farbstichiges Positiv, das durch die falschen Gradationswerte kontrastarm aussehen könnte oder Details in Lichtern und Schatten verliert. Die grundlegende Tonwertumwandlung lässt sich inzwischen in allen möglichen Programmen erledigen. Die korrekte Umrechnung der Orange-Maskierung hingegen ist etwas, das nur speziell dafür ausgelegte Werkzeuge beherrschen.
NegaFix ist ein solches Werkzeug. Der NegaFix-Dialog bietet eine Auswahl typischer Filmprofile, die das Scannen von Negativen enorm erleichtern. Diese Profile werden Film für Film ganz individuell für jeden Scanner erstellt, um eine ideale Ausgangslage für das weitere Bearbeiten des Bildes zu schaffen. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, eine Farbstichentfernung auf den noch unverarbeiteten Negativdaten durchführen zu lassen, so dass ein möglicher Farbstich gar nicht erst ins Positiv umgewandelt wird. Neben speziellen Filmprofilen gibt es auch ein allgemeines Profil sowie ein Monochrom-Profil für die Tonwertumwandlung. Das allgemeine Profil kann genutzt werden, wenn kein spezifisches Profil für den verwendeten Film zur Verfügung steht.
Film-Entwicklung
Bei der Filmentwicklung durchläuft der Filmstreifen mehrere Entwicklungsbäder bevor der Entwicklungsprozess des Films durch ein Fixierbad abgeschlossen wird. Das Fixierbad stoppt die Filmentwicklung jedoch nicht komplett, sondern verlangsamt sie nur erheblich. In der Folge arbeitet die Chemie extrem verlangsamt weiter und das Negativ kann sich noch weiter verändern. Um die dadurch auftretenden Schwankungen kompensieren zu können, bietet SilverFast Ai Studio auch die Möglichkeit zur Anpassung der vorhandenen Profile und zur Erstellung eigener Profile.
Da die Chemie nach der Entwicklung wie beschrieben weiterarbeitet, hat das Wilhelm Imaging Research Institute verschiedene Filme sehr ausgiebig auf ihre Haltbarkeit untersucht. Schauen Sie doch gleich selbst einmal nach, wie gut der Film haltbar ist, den Sie verwenden: Wilhelm Research – Untersuchung zur Filmhaltbarkeit (Auszug aus: The Permanence and Care of Analog and Digital Color Photographs, By Henry Wilhelm, Carol Brower Wilhelm, Kabenla Armah, and Barbara C. Stahl, ©2011 and ©2013 Wilhelm Imaging Research, Inc. Grinnell, Iowa, U.S.A.)
Dichte
Negativfilm bietet aber noch weitere Vorteile im Gegensatz zu Positivfilm. Negative haben einen größeren Dynamikumfang als Diapositive, d.h. sie können Farbwerte feiner abstufen, während Dias in der Regel eine deutlich höhere Farbsättigung und eine steilere Gradationskurve aufweisen. Damit eignen sich viele Negativfilme gut für bestimmte Looks, denn ein hoher Dynamikumfang bedeutet auch, dass der Film sich teilweise mehrere Blenden über- und unterbelichten lässt. Der Dynamikumfang, den ein Film abbilden kann, ist damit sehr groß.
Ein gut belichteter Negativfilm kann eine extrem hohe Dichte aufweisen. Daher empfiehlt sich der Einsatz von Multi-Exposure. Durch den Einsatz von Multi-Exposure wird die Anzahl der Kontraststufen, die beim Scannen aufgenommen werden, deutlich erhöht. Dadurch stehen mehr Abstufungen zur Verfügung und ein Maximum des Dynamikumfangs, den ihr analoger Film umfasst, bleibt beim Scannen erhalten. Auch wenn das Ergebnis nicht immer sofort mit dem bloßen Auge auf dem Monitor sichtbar ist, hat SilverFast durch Multi-Exposure in vielen Fällen fast die doppelte Anzahl an feinen Tonwertabstufungen zur Verfügung – ein wichtiger Qualitätsfaktor, gerade wenn Sie Ihre Bilder weiter bearbeiten oder im Großformat drucken möchten.